Mit Johannes Erath debütiert einer der momentan spannendsten Musiktheaterregisseure an der Volksoper. Doch auch wenn er mit der Csárdásfürstin das erste Mal an der Volksoper inszeniert, ist es dennoch so etwas wie eine Rückkehr für ihn, begann er seine Karriere doch im Orchestergraben unseres Hauses als Geiger.
„Als ich im Orchestergraben saß“, hat er in einem Interview einmal gesagt, „habe ich festgestellt: Die Bühne ist doch weiter weg, als mir lieb war. Mich hatte schon immer die Szene fasziniert.“ Ein tiefes musikalisches Verständnis prägt bis heute alle Regiearbeiten Eraths: „Ich kann zwar Bilder als Kontrapunkt gegen Musik stellen“, meinte er im selben Interview, „aber ich mache nichts, was gegen eine musikalische Phrase geht, weil mir das selber widerstreben würde.“
Als Regisseur gilt er als Spezialist für zeitgenössische Komponist:innen, doch auch das klassische Repertoire inszeniert er weltweit mit großem Erfolg, etwa an den Opernhäusern in Frankfurt, München, Amsterdam oder den Bregenzer Festspielen. In Österreich war er lange der Oper Graz verbunden, für seine dortige Inszenierung von Korngolds Die tote Stadt erhielt er 2016 den Österreichischen Musiktheaterpreis.
„Warum bin ich Regisseur geworden?“, fragte er sich im Magazin der Bayerischen Staatsoper einmal. „Um Menschen zu berühren, um ein Universum zu kreieren, welches uns im besten Fall unseren Sehnsüchten, Ängsten und Abgründen näherkommen lässt.“
Eine besondere Stärke der Arbeiten Eraths ist denn auch sein Gespür für die menschliche Psyche. Er kreiert Bilder, die oft ganz realistisch aussehen, aber mithilfe der Musik doch das Unbewusste und Unausgesprochene sichtbar machen. Einmal wurde er gefragt, wie sehr er während der Arbeit die Welt außerhalb der Probebühne vergisst. „Da könnte draußen die Welt untergehen“, war seine Antwort. Eine Einstellung, die gut zu der Csárdásfürstin passt, die er nun an der Volksoper inszeniert, reflektiert doch kaum sonst ein Werk so stark den Krieg und das bevorstehende Ende der Monarchie, aber auch die Flucht vor der Realität in Kunst und Unterhaltung. „Wenn der Vorhang hoch geht, ist die Vorstellung soeben zu Ende“, sagt Erath zu seiner Inszenierung, und fragt sich:
„Warum brauchen wir das Theater noch, wenn die Welt zu versinken droht? Ist es obszön, Feste zu feiern, während nebenan gekämpft, gelitten, gestorben wird? Ist unsere Aufgabe nicht auch, Wunden aufzuzeigen, selbst im Dreivierteltakt? Gelingt es, einen Theaterabend zu erfinden, an dem sich jede Seele im Publikum verzaubern lässt?“
Lassen Sie sich überraschen: Premiere der Csárdásfürstin ist am 8. März 2025