Christoph Altstaedt
Wann wurden Sie zum ersten Mal in Ihrem Leben durch (Musik)Theater verzaubert? Und wodurch?
Ich bin leider erst sehr spät mit dem Musiktheater und dem Ballett in Kontakt gekommen. Bei uns zu Hause wurde symphonische Literatur, Instrumentalmusik, Kammermusik und Lied gehört, aber keine Oper. Diese Welt hat sich mir erst eröffnet, als ich als Korrepetitor in München am Gärtnerplatz angefangen habe. Es war aber Liebe auf den ersten Blick. Ich liebe es im Graben zu stehen und mit Sänger:innen und Tänzer:innen zusammenzuarbeiten.
Warum singen die Leute und warum sprechen sie nicht?
Gott sei Dank machen sie beides. Und zwar in allen möglichen Ausprägungen: Flüstern, Sprechen, Deklamieren, Sprechgesang, Operngesang, Fado, Rap, Obertongesang – die Möglichkeiten sich auszudrücken sind ja geradezu grenzenlos.
Welche Rolle kann/soll Musiktheater in der heutigen Gesellschaft einnehmen?
Ich wünsche mir, dass das Musiktheater wieder mehr aktuelle gesellschaftliche Themen aufgreift. Operette war mal ein hochpolitisches Genre: ein musikalischer, politischer Kommentar der Zeit (Offenbach vs. Napoleon III). Auch die Form könnte häufiger variiert werden, um neue Publikumsschichten zu gewinnen. Es muss ja nicht immer ein vierstündiger Abend sein. Die Literatur ist voll von einaktigen Meisterwerken, wie Bartoks Herzog Blaubarts Burg oder Menottis Telefon. Strawinskis Geschichte vom Soldaten war für eine Wanderbühne konzipiert, Kurt Weills Dreigroschenoper ist im Original für sieben Musiker:innen. Es gäbe also genügend Möglichkeiten die Spielstätte Opernhaus zu verlassen und in die Gesellschaft auszuschwärmen.
Geboren in
Heidelberg (Deutschland)
Ausbildung
Ausbildung als Pianist und Dirigent in Detmold, Hannover und Berlin („Hanns Eisler“) bei Prof. Karl-Heinz Kämmerling, Prof. Jean-Efflam Bavouzet, Prof. Alexander Vitlin. Stipendiat des „Forum Dirigieren“ des Deutschen Musikrats und der Deutschen Studienstiftung. Stipendiat in Tanglewood und bei den Luzerner Festspielen. Medizinstudium an der Charité Berlin.
Fünf bis zehn wichtige Engagements
Korrepetitor und Kapellmeister am Staatstheater am Gärtnerplatz München und an der Deutschen Oper am Rhein; Gastdirigent an der Oper Zürich, dem Theater Basel, der Komischen Oper Berlin, an der Finnischen Nationaloper Helsinki, bei den Festspielen in Salzburg, Savonlinna und Glyndebourne.
Konzerte mit dem Royal Philharmonic London und Philharmonia Orchestra, Toronto Symphony Orchestra, Royal Scottish National Orchestra, Deutsche Radiophilharmonie, hr-Sinfonieorchester Frankfurt, Konzerthausorchester Berlin, RSO Stuttgart, Ensemble Resonanz, Oslo Philharmonic oder Indianapolis Symphony Orchestra.
Intensive Zusammenarbeit mit dem Ballett am Rhein unter Martin Schläpfer
2004 bis 2011: Leitung des von ihm gegründeten Junges Klangforum Mitte Europa (Orchester, das sich aus Musikstudierenden der drei Länder Polen, Tschechien und Deutschland zusammensetzte)
Prägende Zusammenarbeit mit diesen Künstler:innen
Pierre Boulez, James Levine, Kurt Masur, Jorma Panula, Gidon Kremer, Steven Isserlis
Debüt an der Volksoper Wien
Ein Deutsches Requiem (Saison 2021/22)
Bedeutende Preise & Ehrungen
Gründete während des Studiums das Junge Klangforum Mitte Europa, welches u. a. mit dem Praemium Imperiale der Japan Art Association und dem Marion Dönhoff Preis für internationale Verständigung und Versöhnung der ZEIT-Stiftung ausgezeichnet wurde.
Website
* Verwendung der Fotografie nur für Zwecke der aktuellen Berichterstattung über die Volksoper Wien