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Wer war diese Alma Schindler wirklich?

Was erwartet Sie bei der Uraufführung der Oper Alma? Was hat die Komponistin inspiriert? Wir haben Ella Milch-Sheriff zum Interview gebeten. 

Ella Milch-Sheriff wurde 1954 in Haifa geboren und studierte Komposition an der Rubin Academy of Music der Universität Tel Aviv. Ihr Schaffen umfasst sinfonische Musik genauso wie kammermusikalische Kompositionen und birgt bisher fünf Musiktheaterwerke, darunter die 2010 am Staatstheater Braunschweig uraufgeführte Kammeroper Baruchs Schweigen (Libretto von Yael Ronen) und die 2018 am Staatstheater Regensburg erstmals präsentierte Oper Die Banalität der Liebe, die sich thematisch der Beziehung zwischen Hannah Arendt und Martin Heidegger widmet.

Im folgenden Kurzinterview erzählt die Komponistin über die Entstehung ihrer neuesten Oper Alma.

„Diese Biographie ist eine veritable Tragödie und damit wie geschaffen für eine große Oper", meint sie unter anderem.

Ella Milch-Sheriff, Copyright: Daniel Sheriff


Alma Mahler-Werfel beschäftigt Sie schon viele Jahre … Wie gestaltete sich die künstlerische Reise mit dieser außergewöhnlichen Frau bisher?

Es war jahrelang ein Traum von mir, eine Oper über Alma zu schreiben. Sie wird oft als bösartige Frau beschrieben, doch mit Verlaub: Die allermeisten Biographien über Alma sind von Männern geschrieben worden. Ich habe mich oft gefragt, warum sie nicht nur glühend verehrt, sondern auch leidenschaftlich gehasst wird. Wer war diese Alma Schindler wirklich, die als 19-Jährige „Ich möchte eine wirklich gute Oper komponieren“ in ihr Tagebuch geschrieben hat? Was ist passiert, dass es nie dazu gekommen ist? All diesen Fragen bin ich gemeinsam mit dem israelischen Autor Ido Ricklin, der ein hochspannendes Libretto geschrieben hat, nachgegangen.

Inwiefern spielt der Aspekt der Mutterschaft in der Oper eine besondere Rolle?

Von Almas vier Kindern hat nur eine Tochter – Anna Mahler – die Kindheit überschritten; in meiner Oper ist sie neben Alma die zweite Protagonistin. Alma ist nie zu den Begräbnissen ihrer Kinder gegangen. Warum? Weil es nicht mit ihrem schillernden Selbstbild als „die schönste Frau von Wien“ zusammenpasste? Oder nicht vielmehr, weil sie den Schmerz nicht ertragen hat? Ich denke, als Gustav Mahler seine Frau dazu gezwungen hat, ihr Komponieren aufzugeben, ist viel mehr in ihr gestorben als „nur“ ihre künstlerische Ambition. 

Mit welchen Entwicklungen und Kursänderungen ist man bei der Komposition einer Oper konfrontiert? 

Manchmal habe ich während des Prozesses mein musikdramatisches Konzept geändert. Zum Beispiel dachte ich zuerst daran, den Kokoschka-Akt in einer Art Rock-Stilistik mit E-Gitarre im Orchester zu gestalten. Es brauchte mehr als ein Monat des Experimentierens, um zu verstehen, dass das nicht zu dieser Oper passte, also habe ich die Idee verworfen. Kokoschka wird – entsprechend seiner historischen Vorlage – jedenfalls eine extrem exzentrische, obsessive und dämonische Figur sein, eine Art Mephistopheles. Was hingegen von vorneherein klar war, ist die antichronologische Erzählung: Meine Oper fängt quasi mit dem Ende an – sie beginnt mit dem Begräbnis von Manon Gropius – und verläuft rückwärts bis zu dem Moment, in dem Alma ihre Seele als Künstlerin aufgibt. Diese Biographie ist eine veritable Tragödie und damit wie geschaffen für eine große Oper.