Musikalisches Gassigehen
Die Volksoper ist auf den Hund gekommen. Wir haben Autor Peter te Nuyl, Komponistin und Dirigentin Keren Kagarlitsky und Regisseur und Choreograf Florian Hurler zum Dreier-Interview über die Premiere von Nurejews Hund gebeten.
Florian, die Idee zu Nurejews Hund geht auf dich zurück. Wie kam es dazu?
Florian: Vor einiger Zeit habe ich das gleichnamige Buch von Elke Heidenreich geschenkt bekommen, auch im Wissen darum, dass ich den Hund von Nurejew tatsächlich kannte. Das Buch ist sehr poetisch, ich mag es sehr gerne – und irgendwann habe ich das in einer Sitzung erwähnt, und die Volksoper fand die Idee super, es als Basis für ein Stück zu nehmen.
Erzähl uns doch kurz, wie du den Hund kennengelernt hast.
Florian: Ich war vielleicht zwölf Jahre alt, Schüler an einer privaten Ballettschule in Augsburg. Einmal im Jahr fuhren wir zur offiziellen Prüfung der Ballettakademie in Monte Carlo, die in einem riesigen Auditorium unter dem Casino stattfand. Und dort saß mir dann die Ballettmeisterin und Lehrerin Marika Besobrasova gegenüber, die ja auch in unserem Stück vorkommt. Und eben Nurejews Hund, ein riesengroßer Rottweiler, der immer mit dabei war. Beides beeindruckende Erscheinungen!
Peter, du hast auf Basis des Buches, aber auch der vielen Geschichten, ein Stück für die Volksoper geschrieben. Worum geht es in Nurejews Hund?
Peter: Das ist eine unmögliche Aufgabe, die du einem Autor da stellst: In ein paar Worten beschreiben, worum es in seinem Stück geht. Wenn ich es in ein oder zwei Sätzen sagen könnte, warum sollte ich 10.000 Wörter darauf verwenden?
Sieh es als Herausforderung: Ich gebe dir sogar nur 100 Wörter.
Peter: (lacht) Theater zeigt uns die Welt aus vielfältigen Perspektiven. Aus der von Königinnen und Königen, Heldinnen und Helden – oder Bettlerinnen und Bettler. Diesmal sehen wir den Trubel der menschlichen Welt durch die Augen eines Hundes. Eines Hundes, der nebenbei auch noch der Hund des berühmtesten Balletttänzers der Welt ist: Rudolf Nurejew. Dieser Hund will herausfinden, warum Menschen tanzen – und entdeckt dabei, was Freundschaft bedeutet und wozu Fantasie und Sehnsucht fähig sind. Er trifft eine Frau, die er gar nicht ausstehen kann, und ein kleines Mädchen, das überall und nirgendwo zugleich ist.
Keren, wie klingt die Welt aus der Sicht eines Hundes?
Keren: Sehr unterschiedlich! Wie Peter schon gesagt hat, es geht im Stück um Nurejew, aber erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive seines Hundes. Also ist auch die Musik, die ich ausgewählt habe, nicht unbedingt Musik, die direkt mit Nurejew verbunden ist – sondern vielmehr mit seinem Hund! Wir spielen etwa Teile aus An American in Paris von Gershwin, da unser Hund genau das ist: ein Amerikaner in Paris. Außerdem Gershwins Walking the Dog – aus naheliegenden Gründen. Musik russischer Komponisten bezieht sich auf Nurejews Kindheit, und natürlich erklingt auch Ballettmusik, etwa aus Offenbachs Le Papillon oder aus La Bayadère. Der Hund ist nach der männlichen Hauptfigur in diesem Ballett benannt: Solor.
Du hast aber auch eigene Musik für den Abend komponiert.
Keren: Ja, dabei habe ich versucht, die Welt des Balletts mit der des Gesangs zu verbinden. Es gibt eine Traum-Arie, die tatarische Melodien mit einem Walzer kombiniert, ein furioses Duett, das zugleich ein Tango ist und Zitate aus verschiedenen Ballettmusiken enthält. Meine Kompositionen erinnern uns immer daran, dass wir uns in einer Welt des Tanzes befinden – es gibt also immer Rhythmus und Bewegung.
Florian, wie bringt man all das als Regisseur dann auf die Bühne?
Florian: Mit viel Humor und Poesie, und in einer Mischung aus Musik, Schauspiel und Tanz. Ich mag den Untertitel des Buches: „Was Sehnsucht vermag“. Das ist mein Motto bei der Arbeit. Warum soll ein Hund nicht tanzen, wenn er sich danach sehnt?
Peter, wer sollte sich Nurejews Hund ansehen?
Peter: Alle! Wir empfehlen das Stück ab 8 Jahren. Ich kann nur sagen: Kommen Sie, wenn Sie Hunde mögen. Oder auch, wenn Sie Hunde überhaupt nicht ausstehen können. Wenn Sie Ballett lieben. Oder Ballett gar nicht leiden können. Oder kommen Sie einfach, weil es Zeit für ein Happy End ist.