Marie-Louise Bischofberger-Bondy
Wann wurden Sie zum ersten Mal in Ihrem Leben durch (Musik)Theater verzaubert? Und wodurch?
Meine Großmutter war Pianistin und Schülerin von Dinu Lipatti, mein Großvater Hornspieler und Sammler – also waren wir schon in Konzerten als wir noch ganz klein waren. Eine besondere Erinnerung aber ist das Hornkonzert von Othmar Schoeck, welches mein Großvater in Auftrag gegeben hatte.
Warum singen die Leute und warum sprechen sie nicht?
Sie singen UND sprechen, wenn man an die Rezitative denkt. Dort spürt man auch den langsamen Übergang vom Singen zum Sprechen, oder umgekehrt. Dieser ist interessant, weil man stufenhaft mitvollzieht, welche Dimension im Singen dazukommen – eine tief im Menschen verankerte, die ihn nicht auf rationaler Basis mobilisiert. „Ohne Worte gibt es keine Oper“, wie Lorenzo Da Ponte sagte. Musik ist der stärkste Faktor auf der Bühne, und wenn wir an die Arbeit zwischen Regisseur:in und Sänger:in denken, der dritte Partner: eine Dreiecksbeziehung sozusagen.
Welche Rolle kann/soll Musiktheater in der heutigen Gesellschaft einnehmen?
Musiktheater und Musik ist ja primordial, also ursprünglich, weil eine alles umfassende Dimension zum Vibrieren kommt, die wir brauchen wie die Sterne am Himmel und die Luft, die wir atmen. Innerhalb aller Probleme der modernen Zeit müssen wir die Mittel aufbringen können, neue Opern zu schreiben und aufzuführen. Der Musik kommt eine zentrale Bedeutung bei und ‘cancel culture’ ist in meinen Augen keine Lösung. Im Gegenteil: Denken wir dankbar zum Beispiel an Daniel Barenboims Wirken.
Geboren in
Winterthur (Schweiz)
Ausbildung
Studium an der Universität Zürich: Hispanistik, Literaturkritik und Anthropologischer Psychologie
Dramaturgische Mitarbeiterin von Luc Bondy für zahlreiche Schauspiel- und Opern-Inszenierungen
Theaterkurs von Elisabeth und Daniel Ilg (Mummenschanz) Ecole Florent in Paris
Schauspielunterricht (bei Sigmone von Sglinitzi am deutschen Theater Berlin und bei Edith Clever an der Schaubühne Berlin)
Fünf bis zehn wichtige Engagements
Le Shaga am Moskauer Künstlertheater
L’Illusion am Düsseldorfer Schauspielhaus
Le viol de Lucrèce, Theatre des Bouffes du Nord, Vidy Lausanne
Anna Bolena an der Opéra National de Bordeaux, Avignon und an der Mailänder Scala
Verdis Don Carlos am Théâtre du Châtelet
Wintermärchen nach Shakespeare am Théâtre de la Monnaie Brüssel und an der Opéra de Lyon
Yvonne, princesse de Bourgogne an der Opéra Garnier Paris
Zeugin der Anklage von Agatha Christie am Moskauer Künstlertheater
Übernahme der Neueinstudierung von Bondys Salome-Inszenierung, Mailänder Scala
We are eternal, Theater-Oper basierend auf den Memoiren von Da Ponte, Opera de Massy, Philharmonie Paris
Maupassant... Fortsetzung folgt, Theatersérie basierend auf den Novellen von Maupassant, in acht Folgen, Scala à Paris, Tournée Frankreich, Theaterfestival Adelaïde, Australien
Prägende Zusammenarbeit mit diesen Künstler:innen
Luc Bondy, Philippe Boesman
Debüt an der Volksoper Wien
Szenische Einstudierung Salome (Saison 2023/24)
Sonstiges
2018/19 und 2019/20 Lehrerin für Dramaturgie des deutschen Theaters am Schauspielkonservatorium Paris (CNSAD)
Website
https://www.marielouisebischofberger.com/
* Verwendung der Fotografie nur für Zwecke der aktuellen Berichterstattung über die Volksoper Wien