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Melissa King

Wann wurdest du zum ersten Mal in deinem Leben durch (Musik-)Theater verzaubert? Und wodurch?

Ich erinnere mich, dass ich als Kind den klassischen Radiosender WQXR aus New York City hörte. Jeden Sonntagnachmittag wurde live aus dem Metropolitan Opera House gesendet, und jeden Sonntag saß ich in der Küche und hörte gebannt dem Radio zu, als der Ansager die Hintergrundgeschichte zu der jeweiligen Oper erzählte, und dann hörte ich den Applaus, als der Dirigent das Pult betrat, und die nächsten etwa drei bis fünf Stunden entführten mich in eine magische Welt voller Drama, Musik, Emotionen und fremder Sprachen. Ich weiß nicht mehr, welches die erste Oper war, die ich hörte, aber ich werde nie vergessen, wie mich das Ende von Dialogue of the Carmalites zu Tränen rührte. Und mir wurde klar: Wenn schon das Zuhören eine solche Wirkung auf mich haben kann, wie eindrucksvoll muss Oper/Musiktheater sein, wenn man es live erlebt.

Warum singen die Leute und warum sprechen sie nicht?

Durch den Einsatz von Musik wird jede Situation erhöht. Im Musiktheater beginnen die Figuren zu singen (und zu tanzen), wenn ihre Gefühle so stark sind, dass das gesprochene Wort nicht mehr ausreicht. Die Ergänzung eines Theaterstücks durch Musik steigert die Emotionen, verstärkt die dramatische Handlung und erzeugt eine Atmosphäre und Stimmung, die mit Worten allein nicht erreicht werden kann.

Die Charaktere singen als Fortsetzung des Dialogs, um ihre tiefsten Gedanken, ihren inneren Monolog auszudrücken und die Lieder personifizieren Charaktere, lassen Stimmungen erahnen, spiegeln Emotionen wider, unterstreichen Dialoge und bilden Parallelen zu den Handlungsmustern des Librettos.

Welche Rolle kann/soll Musiktheater in der heutigen Gesellschaft einnehmen?

Das Musiktheater als Genre wächst ständig, entwickelt sich weiter, erfindet sich neu und damit auch die Rolle, die es für die Gesellschaft haben kann.

Musiktheater kann ein Instrument zur Selbstfindung, zum Ausdruck und zur Darstellung sein (und ich meine nicht nur für die Darsteller:innen). In der Kunstform werden oft Themen wie Menschlichkeit, Psychologie, Motivationen, Konflikte und Lösungen behandelt. Musiktheater (oder Theater im Allgemeinen) kann eine kraftvolle Erinnerung daran sein, dass unsere inneren und äußeren Nöte, Traumata und das Leben selbst nicht so beängstigend und einsam sind. Es schafft nicht nur einen Raum, in dem gemeinsame Erfahrungen zum Ausdruck gebracht werden können, sondern auch ein Gefühl der Intimität und Unmittelbarkeit, ein Gefühl der Gemeinschaft, wenn man so will.

Das Musiktheater soll Geschichten erzählen, aktuelle Themen widerspiegeln, soziale, politische und kulturelle Ideen kommentieren oder ausdrücken und die Menschen berühren. Es kann uns helfen, eine andere Perspektive als unsere eigene zu sehen. Es soll uns erinnern daran, dass wir nicht allein sind. Und es trägt hoffentlich zur Förderung des gesellschaftlichen Diskurses, des Dialogs und des möglichen sozialen Wandels bei.

***

Geboren in

Bridgeport, Connecticut (USA)

Ausbildung

Politikwissenschaft an der Yale University, nach ihrem Diplom Tänzerin in verschiedenen zeitgenössischen und Modern-Tanzkompanien.

Wichtige Engagements

Chicago am Theater St. Gallen, Hairspray an der Theater Dortmund, Show Boat bei den Bad Hersfelder Festspielen, Singin’ in the Rain und West Side Story am Staatstheater Nürnberg, Ragtime am Landestheater Linz, La Cage aux Folles an der Volksoper Wien

Prägende Zusammenarbeit mit diesen Künstler:innen

Ann Reinking, Tina Landau, Mathias Davids, Stefan Huber, Gil Mehmert, Judith Peter, Knut Hetzer

Debüt und wichtige Arbeiten an der Volksoper Wien

Debüt: Anatevka (Saison 2002/03)

Wichtige Arbeiten an der Volksoper: Wonderful Town, Cabaret, La Cage aux Folles (Regiedebüt)

Bedeutende Preise & Ehrungen

2020 gewann die von Melissa King choreografierte Produktion von Wonderful Town an der Volksoper Wien den österreichischen Musiktheaterpreis für die beste Gesamtproduktion Musical

2021 gewann Cabaret (bei dem sie für die Choreographie verantwortlich war) den österreichischen Musiktheaterpreis für die beste Gesamtproduktion Musical

Website

www.melissaking.de



* Verwendung der Fotografie nur für Zwecke der aktuellen Berichterstattung über die Volksoper Wien